Sonntag, 5. Juni 2016

Leons Befreiung von der Blockade

Eine Tastatur will bedient werden. Wehe, man hat eine Schreibblockade
Leon, meine Romanfigur, hat eine Schreibblockade, seit ihn seine Frau Laura verlassen hat. Hier die Szene, als er wieder zu schreiben begann:

»Er schrieb die ganze Nacht durch. Er hämmerte auf die Tastatur ein, als ginge es darum, etwas ganz Wichtiges zu schreiben, das keinen Aufschub gewährte, etwas was unbedingt noch geschrieben werden müsste, bevor es zu spät war. Nur wenig von dem, was er schrieb, löschte er wieder. Seine Finger glitten auf der Tastatur umher, als spürten sie eine Gier danach, geschriebene Worte auf dem Monitor auftauchen zu sehen. Zehn Finger, die, so fühlte er, noch nie so schnell geschrieben hatten. Entwöhnung, die sich löste und sich zu kraftvollen Momenten der Sprache verwandelte. Es war für ihn eine Art der Befreiung. Eine Befreiung von der Blockade zu schreiben. Leon schrieb mehr, als Adam ihm aufgetragen hatte. Über zwanzig Seiten beleuchtete er den Fall Meier, beschrieb die Leute, die in Zellberg wohnten und was sie über Meier sagten, versuchte die Mentalität der Menschen zu erklären, die in dieser fränkischen Kleinstadt lebten. Im Prinzip war das, was er da geschrieben hatte, mehr eine Reisereportage, als ein Hintergrundbericht über einen grausamen Mord an einem alten Nazi. Doch Leon war mit dem Ergebnis zufrieden.« 

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